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Wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!

Veröffentlicht am 19.08.2008 in Presse

Liebe Coburger Junge Union!
In seinem Leserbrief unterstützt euer Kreisvorsitzender Coburg Land eure Forderung an den SPD-Unterbezirk Coburg-Kronach, den SPD-Parteivorsitzenden Kurt Beck von seinem Coburg-Besuch auszuladen. Eure Forderung stützt ihr auf Scheinargumente, die weder mit Kurt Becks Besuch noch mit der Realität im Zusammenhang stehen:

Ihr starrt auf die politischen Prozesse in Hessen und das mit einer solchen Intensität, dass man glauben könnte, ihr habt den Bezug zu den politischen Verhältnissen in anderen Teilen Deutschlands verloren. Oder kann es vielleicht sein, liebe Junge Union, dass ihr diese bewusst nicht sehen wollt? Es ist ja klar, dass ihr den Landtagswahlkampf der lädierten CSU unterstützten müsst. Es ist ebenso klar, dass deren absolute Mehrheit in Bayern wackelt. Aber seid ihr denn schon so weit, dass euch jedes Mittel recht ist und ihr nun zu Populismus billigster Art greift? Es gibt, liebe Junge Union, nämlich die Wahrheit im Umgang mit der „Linkspartei“ und diese muss an dieser Stelle auch endlich einmal angesprochen werden. Um auf Hessen zurück zu kommen: Die Problematik dort beruht auch auf der Tatsache, dass CDU und FDP sich weigern, mit der SPD zu koalieren. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im hessischen Landtag ist aber die Zusammenarbeit mehrerer Parteien unumgänglich und offensichtlich vom Wähler so gewünscht. Es bleibt also zu fragen, wer sich durch seinen Unwillen zur Koalitionsbildung gegen den Wählerwillen wendet. Wo bleibt hier das Demokratieverständnis der CDU? In gleicher Weise solltet ihr, liebe Junge Union, euch einmal Gedanken darüber machen, wie eure Argumentation in bezug auf Kurt Beck denn zu der Tatsache passt, dass die CDU in Ostdeutschland bereits zahlreiche Bündnisse mit der „Linken“ eingegangen ist oder laut darüber nachdenkt, solche einzugehen. Vielleicht geben euch ja folgende Beispiele Denkanstöße: In Dresden setzte die CDU bereits 2005 mit den Mandatsträgern der Linksfraktion.PDS einen Beschluss zum Verkauf der Dresdner Wohnungsbaugesellschaft (Woba) durch. Die Sächsische Zeitung vom 11. Mai 2005 sprach von einer inhaltlichen Koaltion. Auch in Magdeburg arbeitet die CDU mit der „Linken“ zusammen. Am 3. Juli 2008 kam es zum Skandal, weil sich die CDU zusammen mit der „Linkspartei“ die Posten der Beigeordneten (vergleichbar mit den weiteren Bürgermeistern in Bayern) zuschanzte. Die CDU gab trotz Absprache bei der Wahl der Sozialbürgermeisterin ihre Stimmen nicht der SPD, sondern wählte ein Mitglied der „Linksfraktion“. (Magdeburger Volksstimme, 3. Juli 2008). Ebenso einigte sich die CDU in Chemnitz mit der „Linkspartei“ im Stadtrat über die Verteilung der drei Beigeordneten-Posten. Dadurch wurden am 11. Juni 2008 zwei CDU-Politiker und ein parteiloser Kandidat der „Linkspartei“ gewählt. Der Kandidat der „Linken“ ist nun mit konservativem Segen Bürgermeister mit den Geschäftsbereichen Recht und Ordnung in Chemnitz (FAZ, 10. Juni 2008). In Folge dessen trat das CDU-Ratsmitglied Christoph Paus aus der Fraktion aus. In Sachsen-Anhalt denkt währenddessen der CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer laut über die Zusammenarbeit mit der „Linken“ nach. In der Mitteldeutschen Zeitung vom 17. Juli 2008 wird er zum Thema Koalitionsbildung mit der „Linkspartei“ wie folgt zitiert: „Wenn demokratische Parteien nicht grundsätzlich koalitionsfähig sind, schaffen wir die Demokratie ab.“ Um euch, liebe Junge Union, außerdem noch kurz über die eigene Parteigeschichte der Union und die eines prominenten Mitglieds aufzuklären, hier noch zwei Stichpunkte: 1. Direkt vor unserer Haustür, nämlich in Thüringen, regiert ein CDU-Ministerpräsident, der in der DDR als stellvertretender Schulleiter für politische Massenorganisationen wie Junge Pioniere und FDJ verantwortlich war und dafür mit der „Medaille für Erfolge in der kommunistischen Erziehung der Pionierorganisation Ernst Thälmann“ ausgezeichnet wurde. 2. Die CDU hatte keinerlei Bedenken, zwei SED-hörige DDR-Blockparteien mitsamt Mitgliedern zu übernehmen. Letztendlich, liebe Junge Union, bleibt nur noch zu sagen, dass ihr – solltet ihr mal wieder einen Aufruf planen, den Vorsitzenden einer demokratischen Partei von einer Veranstaltung auszuladen – schon handfeste Argumente bringen müsst. Und falls euch keine einfallen sollten, dann nehmt gefälligst davon Abstand, anderen Parteien angebliche Pläne zu unterstellen, wie sie in der Union seit 1990 bedenkenlos Realität sind. Wer selbst im Glashaus sitzt, der sollte nun mal nicht mit Steinen werfen! Mit besten Grüßen Franziska Bartl, Vorsitzende des Juso-Unterbezirks Coburg-Kronach Mehr: